Komplexität
Komplexität ist ein Begriff aus der Systemtheorie. Die Systemtheorie begreift eine
Organisation als soziales System, das heisst als abgrenzbarer Verbund miteinander
interagierender Variablen.
Komplexität bedeutet nun, dass das soziale System Organisation aus so vielen Variablen
besteht, die untereinander durch so viel kausale Beziehungen sowie positive und negative
Rückkoppelungsschleifen miteinander verbunden sind, dass niemand das Ganze
überblicken und verstehen kann. Entsprechend kann auch niemand ein System vollständig
planen oder steuern. Keiner vermag vorauszusehen, welche Auswirkungen ein bestimmter
Input am anderen Ende des Sytems haben
Obwohl soziale Systeme aufgrund ihrer Komplexität also nicht steuerbar sind,
funktionieren sie. Sie erhalten sich selber, und hier kommt der Begriff der Selbstorganisation
ins Spiel.
Selbstorganisation
Mit Selbstorganisation bezeichnet man all jene spontanen Prozesse, die dafür sorgen, dass
ein System eine Ordnung bekommt und aufrechterhalten bleibt. Dazu gehört auch, dass das
System auf Änderungen von innen und aussen reagieren kann, flexibel bleibt und einen
neuen Gleichgewichtszustand findet. Selbstorganisation bedeutet auf theoretischer Ebene
also nicht, dass sich die Akteure in einer Organisation selber organisieren, sondern sie ist
eine Eigenschaft des Systems selber.
Organisationsstrukturen, aber auch Routinen, Regeln
und geteilte Normen prägen unser Handeln, machen uns handlungsfähig, lenken unser
Handeln in bestimmte Bahnen und setzen ihm Grenzen. Gleichzeitig existieren Strukturen
nur so lange, als wir sie durch unser Handeln reproduzieren und bestätigen. Regeln und
Routinen sorgen demnach für die Stabilität der Organisation. Zu viele Regeln lassen die
Organisation erstarren und verhindern ihre Anpassung an neue Umstände.
Es sind also letztlich die handelnden Mitglieder der Organisation, die die Organisation
aufrechterhalten, indem sie sich an die gerade gültigen Regeln und an geteilte Normen und
Routinen halten. Die Mitglieder der Organisation halten diese aber auch dann aufrecht,
wenn Unvorhergesehenes auftritt, das durch die bestehenden Regeln nicht abgedeckt ist.
Sie tun dies, indem sie ad hoc allein oder gemeinsam Lösungen aushandeln und Entscheidungen
treffen. Die Funktionstüchtigkeit, die Anpassungsfähigkeit und die Flexibilität
einer Organisation hängen ganz entscheidend von solchen dezentral getroffenen Entscheidungen
ab.
Für die Akteure bedeutet dies, dass sie über eine hohe Ambiguitätstoleranz verfügen und
fähig sein müssen, mit unstrukturierten Situationen umzugehen und mit den anderen auf
kommunikativem Weg Lösungen auszuhandeln. Dazu gibt es eine interessante Studie aus
Österreich, in welcher der Autor zum Schluss kommt, dass das von ihm untersuchte
Informatikunternehmen nicht deswegen so erfolgreich ist, weil es besonders gut
strukturiert und organisiert wäre, sondern im Gegenteil, weil es so wenige Regeln gibt,
weil die Besprechungen scheinbar chaotisch verlaufen und die Mitarbeiter gezwungen,
aber auch fähig sind, mit den sich ständig ändernden Wünschen der Kunden umzugehen.
Selbstorganisation und Führung
Was bedeuten die Phänomene Komplexität und Selbstorganisation in sozialen Systemen
nun für die Führung einer Organisation wie einer Onlinliga? Sie bedeuten erstens,
dass man sich radikal von der Vorstellung und dem Wunsch verabschiedet, man könne in
einer Organisation alles regeln, und sich von dem inneren Reflex befreit, auf
unstrukturierte Situationen mit der Einführung immer neuer Regeln, Formulare und
Informationsmittel zu reagieren. Sie bedeuten zweitens, dass man Vertrauen entwickelt;
Vertrauen in die Selbstregulationsfähigkeit des ganzen Systems und Vertrauen in
die einzelnen Mitarbeitenden, die fähig sind, dezentral und autonom sich zu organisieren
und die richtigen Entscheide zu treffen.
So, mal euren Senf mal wissenschaftlich zusammengefasst...